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Die Minoische Kultur Kretas 2

Nachdem ich mich im Ersten Beitrag zu diesem Thema mit allgemeinen Aspekten, sowie einer chronologischen Einordnung der Minoischen Kultur befasst habe, wende ich mich in diesem Beitrag nun spezielleren Dingen wie HerrschaftBevölkerungReligion, sowie Kunst & Handwerk zu.

Bevölkerung

Eine Seite aus der Odyssee

“Kreta ist ein Land im dunkelwogenden Meere,
Fruchtbar und anmutsvoll und ringsumflossen. Es wohnen
Dort unzählige Menschen, und ihrer Städte sind neunzig:

Völker von mancherlei Stamm und mancherlei Sprachen. Es wohnen
Dort Achaier, Kydonen und eingeborene Kreter,
Dorier, welche sich dreifach verteilet, und edle Pelasger.
Ihrer Könige Stadt ist Knossos, wo Minos geherrscht hat,
Der neunjährig mit Zeus, dem großen Gotte, geredet.”

Diese Verse aus Homers Odyssee (19. Gesang, Vers 172-179) liefern einige Anhaltspunkte über die Bevölkerung Kretas. Auch wenn das Buch Odyssee erst nach dem Untergang der Minoischen Kultur verfasst wurde, gibt Homer an dieser Stelle einen guten Einblick in die Bevölkerung Kretas.

Neben Andeutungen über die Fruchtbarkeit des Landes geben vor allem die Verse 175-177 Aufschluss über die kulturelle Vielschichtigkeit auf der Insel Kreta. So sind mit den Achaiern die Griechen gemeint, die Kydonen sind eingeborene Kreter und Dorier sind Bewohner des heutigen Makedoniens. Diese Vielfalt in der Bevölkerung lässt sich auch an zahlreichen archäologischen Funden, wie Bestattungsorten mit ihren Beigaben belegen. Kreta war während der minoischen Zeit  überproportional dicht besiedelt, wie man auch den oben zitierten Versen der Odyssee entnehmen kann. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass aufgrund der begrenzten Größe der Insel in Zusammenhang mit der sich dort entwickelnden Hochkultur und der damit einhergehenden Attraktivität eine hohe Bevölkerungsdichte unvermeidbar war.

Gesellschaft

Die Gesellschaft Kretas kann man getrost als ihrer Zeit voraus bezeichnen. So herrschte bereits in der Frühminoischen Zeit eine hoch ausdifferenzierte Arbeitsteilung in den Dörfern und Städten, welche auf dem Weg zur Hochkultur immer komplexer wurde. An dieser Stelle soll natürlich auch von den Frauen die Rede sein, die – anders als in der Antike oftmals üblich – durchaus wichtige Positionen bekleideten. Vor allem auf Darstellungen auf Keramikgefäßen und Fresken sind uns heute die Nachweise dafür erhalten. Das wohl prestigeträchtigste Amt des weiblichen Geschlechts war das der Priesterin, als welche sie auch hohe Achtung in der Bevölkerung genossen. Dafür sprechen ebenfalls die zahlreichen und reich verzierten Darstellungen von Frauen auf Gefäßen und Fresken.

 

Herrschaft

Über die Herrschaft in der Minoischen Kultur gibt es leider keine eindeutigen Beweise, da es keine schriftlichen Funde dazu gibt. Dennoch ist am plausibelsten, dass die Insel in einzelne Herrschaftsbereiche gegliedert war, ähnlich wie Herzogtümer im mittelalterlichen Europa. Die Zentren dieser Herrschaftsbereiche bildeten dabei die Paläste, von denen wir heute Zeugnisse in Form von Ausgrabungen haben. Die bekanntesten und größten Paläste waren in Katro Zakos, Petras, Phaistos und natürlich in Knossos. Letztgenannter war die Wichtigste dieser Anlagen, denn dort war der Herrschersitz des Königs von Kreta. Inwieweit die weiteren Herrschaftsbereiche in Abhängigkeit zum König von Knossos standen, ist jedoch nicht ganz klar. Um tiefer gehende Aussagen über das System der Herrschaft in der Minoischen Kultur treffen zu können, sind weitere Funde (die hoffentlich in den nächsten Jahren gemacht werden) jedoch unabdingbar.

 

 Kunst

Nun zu etwas “handfesteren” Aspekten der Minoischen Kultur: Der Kunst und Handwerk und insbesondere der Keramik. Auch hier gibt es zeitliche und phasentypische Unterschiede, die ähnlich zur Einteilung in Früh-, Mittel-, und Spätminoische Zeit verlaufen. Jede Phase hat ihre eigenen Charakteristika, welche ich im Folgenden kurz skizzieren werde.

Vase im Kamares-Stil (CC BY-SA 3.0), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kamaresvase_1_mod.jpg

Frühminoische Zeit

In der Frühminoischen Zeit (Vorpalastzeit) breitete sich die schnell drehende Töpferscheibe nach Kreta aus. Damit einher gingen zum einen eine höhere Produktivität. Zum anderen bot sich den Töpfern nun die Möglichkeit, ihre Kunstfertigkeit zu verbessern und dadurch komplexere und kunstvollere Gegenstände zu herzustellen. Das Aussehen der Keramikwaren aus der Frühminoischen Zeit lässt sich in zwei Hauptstile unterscheiden: Den Vassiliki-Stil und den Pyrgos-Stil. Erstgenannter zeichnet sich durch eine unterschiedlich gefärbte, geflammte Oberfläche aus, die durch ungleichmäßiges Brennen der Keramik erzeugt wurde. Bekannte Funde im Vassiliki-Stil sind Kannen, Teekannen, Teller und Becher. Der Pyrgos-Stil zeichnet sich hingegen durch graue oder schwarze, aber glänzende Oberflächen aus. Insgesamt kann man aber über die Keramik der Frühminoischen Zeit sagen, dass sie zwar bereits für damalige Verhältnisse sehr kunstfertig war, motivisch jedoch noch lange nicht seinen Höhepunkt erreicht hatte.

Mittelminoische Zeit

Dieser setzte nämlich erst allmählich in der Mittelminoischen Zeit, ein. Denn ab circa 2000 v.Chr. entwickelte sich die sogenannte Eierschalenware. Diese zeichnet sich durch eine enorme Dünnwandigkeit aus. In dieser Zeit spricht man von dem sogenannten Kamares-Stil, welcher vor allem durch die Wahl der Farben so charakteristisch für die Minoische Kultur während dieser Zeit ist. Dabei wurden hauptsächlich die Farben rot und weiß verwendet, welche auf schwarzem (gebranntem) Grund aufgemalt wurden. Motivisch standen abstrakte, aber auch oft nautische Formen im Vordergrund.

Gefäß im Meeres-Stil
Gefäß im Meeres-Stil

Spätminoische Zeit

Diese eben erwähnten nautischen Formen fanden in der Spätminoischen Zeit ihre Fortsetzung im Meeres-Stil. Hierbei waren die Bewohner des Meeres, allen voran der Oktopus, Purpurschnecken und Seesterne die meistverwendeten Motive. Ebenso charakteristisch für die Spätminoische Zeit war der sich parallel zum Meeres-Stil entwickelnde Flora-Stil. Gefäße dieser Art waren oft mit Lilien, Safran oder Blattwerk versehen. Zum Ende der Minoischen Kultur hin bildete sich ein weiterer Stil heraus: der Palast-Stil. Motive hierbei waren oft Ritual- und Sakralszenen, aber auch Darstellungen von Löwen- oder Stierköpfen. Interessant hierbei ist, dass wir in diesem Stil erstmals die Darstellung von Menschen, und sogar von Frauen (wertfrei, für damalige Verhältnisse wirklich außergewöhnlich) auf minoischer Keramik finden, was diesen Stil so einzigartig macht.

 

Religion

Lange glaubte man, die Minoer hätten eine monotheistische Religion mit einer zentralen Gottheit gehabt. Diese These fußt maßgeblich auf den Erkenntnissen des berühmten Archäologen Arthur Evans, welcher erstmals im großen Stil Ausgrabungen auf Kreta durchgeführt hat. Heute ist diese Theorie jedoch in der allgemeinen Forschungsmeinung widerlegt. Davon zeugen eine Vielzahl an Funden und Kultstätten, welche in Villen und Palästen, aber vor allem auf Bergen und in Höhlen platziert waren. Des Weiteren geben Darstellungen auf Siegeln, Ringen und Kunstgegenständen Aufschluss über die verschiedenen Gottheiten der polytheistischen minoischen Religion. Die (vermutlichen) Götter sind im Zusammenhang mit der Natur abgebildet und zumeist als “Herren” zu erkennen. Dabei ist ein Gott / eine Göttin stets für einen Teilbereich zuständig. So gibt es beispielsweise den “Herrn der Tiere” oder die “Herrin der Winde”. Mit endgültiger Gewissheit lassen sich jedoch die verschiedenen Götter und ihre Rollen nicht bestimmen.

Ebenfalls ein zentraler Bestandteil der Religion der Minoer war die Opfergabe. Diese konnte ganz unterschiedlich sein und reichte von kleinen Tonfigurinen über Geschirr bis hin zu Tieropfern. Das höchste Opfer bildeten hierbei Stiere – zentrale Wesen der Minoischen Kultur.

 

⇒ Passende Literatur zu diesem Thema: Kreta. Die Insel der Mythen im Spiegel antiker Zeugnisse*

Abschließendes

Wie man in diesem Artikel zur Minoischen Kultur gesehen hat, handelte es sich dabei um eine Gesellschaft, die den Strukturen der damaligen Zeit weit voraus war. Uns ist vor allem ihre Kunstfertigkeit bekannt, doch ich hoffe, dass ich weitere – nicht minder interessante – Aspekte der Minoer vermitteln konnte. Natürlich ist es schwierig, das Vermächtnis von über 1000 Jahren auf insgesamt zwei Artikel herunter zu brechen, doch es geht ja auch nur um einen Überblick über das Thema. Auch ist mir klar, dass ich nicht im Ansatz alle Bereiche des minoischen Lebens erfasst habe, doch jedem Interessierten kann ich empfehlen, sich etwas tiefer in diese außerordentlich spannende Thematik einzulesen.


 

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